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Möglichkeit einer zweiten Aktien-Abverkaufswelle steigt und der schwache USD

By Ipek Ozkardeskaya
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Die US-Aktien haben sich im Rahmen einer Rekord-Rallye vollständig von dem Covid-19-bedingten Abverkauf zum Wochenbeginn erholt. Trotz dem ernsthaften Schaden an Wirtschafts- und Unternehmensfundamentaldaten führte die einmalige geldpolitische und steuerliche Unterstützung zu einer V-förmigen Korrektur, was bei vielen zu Verwunderung führte.

Da mehr als 20 Millionen Amerikaner ihren Arbeitsplatz verloren, die Unternehmensschulden beunruhigende Werte erreicht haben und die US-Wirtschaft im zweiten Quartal Erwartungen zufolge um mehr als 30% eingebrochen sein dürfte, fragen sich viele, ob die Stärke der jüngsten Aktienrallye gerechtfertigt ist.

Die zunehmenden Erwartungen, dass wir eine zweite Ansteckungswelle sehen könnten, verstärken die Anzeichen, dass der Markt müde ist.

Vor allem aus Bewertungsperspektive sehen wir seit mindestens einem halben Jahrzehnt eine besorgniserregende Abweichung zwischen den Anlagepreisen und den zugrundeliegenden Fundamentaldaten. Das ist also nichts neues. Es ist zweifelslos die massive geldpolitische Unterstützung, die diese Abweichung hervorruft und aufrechterhält und die Anleger in Aktien wissen, dass billige Liquidität mittel- bis langfristig gut ist, auch wenn die Abweichung zwischen Kurs und Zeitwert die Schwere von Abwärtskorrekturen zu Zeiten globaler Abverkäufe verstärkt.

Kurzfristig besteht für die aktuelle Erholung an den US-Aktienmärkten ein erhebliches Abwärtsrisiko. Und dieses Risiko ist weder die abgekoppelte Preis-Bewertungsdynamik, noch die beunruhigende Höhe an Unternehmensschulden, noch der 50%ige Anstieg seit dem Rücksetzer vom März, sondern eine zweite Ansteckungswelle mit Covid-19, die zu erneuten Einschränkungen und einem neuen wirtschaftlichen Shutdown führen könnte..

Diesbezüglich sind die neuesten Nachrichten in den USA nicht vielversprechend. Der jüngste Anstieg der neuen Covid-19-Fälle in Florida und Texas zeigt, dass die Möglichkeit einer zweiten Ansteckungswelle eventuell mehr ist als ein unterbewertetes Risiko des Eintretens von Extremrisiken.

Die Sorge, dass die Neuinfektionen erneut ansteigen könnten und die überzogene Natur der jüngsten Aktienrallye brachten den S&P 00 am Donnerstag auf die 3000er-Marke, was zeigt, dass eine tiefere Abwärtskorrektur anstehen könnte.

Sollten die Anleger damit beginnen, schnell auszusteigen, dann würden die globalen Aktienmärkte von einer weiteren Welle mit ernsthaften Abverkäufen getroffen. Dieses Mal könnte der Rücksetzer jedoch begrenzt ausfallen, da diejenigen, die bedauern, dass sie hinsichtlich der Fähigkeit der Federal Reserve (Fed), den Markt wiederzubeleben, zu skeptisch gewesen sind, wahrscheinlich ohne gross zu zögern ihre zweite Chance nutzen werden, bei einem Rücksetzer in den Markt einzusteigen. Es ist unbestreitbar, dass die Verlierer des letzten Bullenlaufs diejenigen waren, die sich nicht getraut haben, auf den Rücken des Bullens aufzuspringen.

Technisch gesehen sollte ein Rückgang unter die 3000er-Marke, die das geringfügige 23,6% Fibonacci Retracement auf die Erholung von März bis Juni und den gleitenden 200-Tagesdurchschnitt schützt, den Weg in Richtung der wichtigen technischen Unterstützung auf den aktuellen positiven Trend, 2830, das wichtige 38,2% Retracement, freimachen, wo wir davon ausgehen, dass wir einen vorübergehenden Rücksetzer und eine Erholung sehen werden. Wird diese Unterstützung durchbrochen, so würde der S&P 500 einen mittelfristigen bärischen Trend starten.

Der Fed-Rettungsschirm

Trotz des besten Stellenberichts aller Zeiten hat die Federal Reserve (Fed) hinsichtlich der Wirtschaft bei ihrer jüngsten Ankündigung zur Geldpolitik einen kühlen Kopf bewahrt. Die Zusammenfassung der Wirtschaftsprognosen des Offenmarktausschusses zeigte eine hohe Arbeitslosigkeit, niedrige Inflation und die Verpflichtung zu Zinsen um Null sowie massiven Anleihenkäufen bis mindestens 2022.

Fed-Chef Jerome Powell sagte am Mittwoch, dass der Ausschuss nicht einmal darüber nachdenken würde, die Zinsen anzuheben, und wahrscheinlich noch weniger darüber, seine Anleihenkäufe zurückzufahren. Somit wird die Fed weiter US-Staatsanleihen im Wert von 80 Mrd. USD und hypothekenbesicherte Wertpapiere im Wert von 40 Mrd. USD pro Monat kaufen.

Folglich wird die Fed weiter der letzte Rettungsschirm gegen einen neuen Marktrückzug sein und der verlängerte Zeitraum mit billiger Liquidität wird die Anlagepreise sicherlich steigen lassen, auch dann, wenn wir aufgrund von Ängsten vor einer zweiten Ansteckungswelle und einer taktischen Korrektur einen vorübergehenden Aktienkurszerfall sehen sollten.

Der US-Dollar

Der US-Dollar war der grösste Gewinner des Covid-19-Abverkaufs. Der Greenback war während des freien Falls der globalen Risikomärkte zum Jahresbeginn die sicherste Anlage unter den als sicherer Hafen geltenden Anlagen. Anleger, die ihre Aktien-, Anleihen-, Fondspositionen und anderen Bestände liquidierten, horteten ihr Geld während eines der eindrucksvollsten Marktrückzuge der modernen Zeiten im US-Dollar. Der US-Dollar legte laut Daten von der Bank of International Settlements auf inflationsbereinigter und handelsgewichteter Basis zwischen Januar und April um 7% zu.

Es ist daher keine Überraschung, dass die Umkehr der globalen Risikobereitschaft und die massive Rückkehr zu risikoreichen Anlagen den Greenback in den letzten beiden Wochen stark getroffen haben. Aber die längste Durststrecke des Greenbacks seit 2006 ist aus zwei Gründen bald vorbei.

Zum einen sollte der US-Dollar durch Anzeichen auf eine unmittelbare Abwärtskorrektur bei den globalen Aktien etwas Unterstützung erhalten. Die Zuflüsse könnten im Vergleich zu dem, was wir inmitten des Covid-19-Abverkaufs gesehen haben, vielleicht etwas schwächer ausfallen, da eventuell nicht alle Anleger, die ihre risikoreichen Positionen liquidieren, Zuflucht im US-Dollar suchen. In der Tat gehen wir davon aus, dass wir unter den Anlagen mit geringem Risiko eine gewisse Diversifizierung sehen werden. Somit könnte ein Teil der Zuflüsse in sichere Häfen in Gold, den Yen und den Schweizer Franken fliessen. Aber ein Teil der in sichere Häfen fliessenden Gelder wird sicher in den US-Dollar fliessen.

Der zweite Grund ist, dass der schwache US-Dollar spezielle positive Auswirkungen auf die Nachfrage nach dem USD und nach auf USD lautenden Anlagen (vor allem Staatsanleihen) haben und den jüngsten Rückgang des USD begrenzen dürfte.